Polyneuropathie - es beginnt mit Kribbeln und endet mit Schmerzen
Die Polyneuropathie ist eine Erkrankung der peripheren Nerven. Die Reizweiterleitung funktioniert nur eingeschränkt oder gar nicht mehr. Zu Beginn klagen die Betroffenen über ein Kribbeln oder Taubheitsgefühl. Die Symptome treten an den Füßen, seltener an den Händen auf, können aber auch andere Teile des Körpers betreffen. In späteren Stadien kommt es zu Schmerzen und zu einer Abnahme des Berührungsempfindens, sogar starke Kälte und Hitze werden nicht mehr gespürt.
Ursache für die Polyneuropathie ist in Österreich meist ein Diabetes mellitus. Die Stärke der Nervenschädigung hängt vom Lebensalter, der Erkrankungsdauer und der Blutzuckereinstellung ab.
In der Klinik Pirawarth wird die Polyneuropathie sowohl als führende Diagnose, oft aber auch als Zusatzbefund bei einer anderen Grundkrankheit entdeckt.
Exakte Ursachenforschung
Besteht der Verdacht auf Polyneuropathie wird eine klinische Untersuchung mit genauer Anamnese durchgeführt. Vorerkrankungen, Art der Gefühlsstörungen, motorische Ausfälle und Schmerzen werden erhoben. Neben der Medikamenten- und Alkoholanamnese erfolgt auch eine sorgfältige Inspektion der Füße. Ein erstes Labor sollte Informationen über den Nüchtern- und Langzeitblutzuckerwert, Elektrolyte, Blutbild, Entzündungsparameter und Nieren- und Leberfunktionswerte liefern.
Bei der ausführlichen neurologischen Untersuchung liegt das Hauptaugenmerk auf der genauen Prüfung der Muskelkraftverhältnisse, der Reflexe sowie der Oberflächen- und Tiefensensibilität. Als weiterführende Untersuchungen stehen NLG (Nervenleitgeschwindigkeit) und EMG (Elektromyographie) zu Verfügung.
Mechanismen-orientierte Schmerztherapie
Die Therapie der Polyneuropathie ist nicht einfach. Nachdem die Ursache der Erkrankung abgeklärt wurde, wird versucht, diese zu beseitigen oder zu reduzieren.
Liegt der Polyneuropathie eine nicht behandelbare Erkrankung zugrunde oder ist die Ursache nicht klar, können nur die Symptome behandelt werden.
„Die Medikamente für die neuropathischen Schmerzen sind nicht günstig für die Nierenfunktion, daher kommt es auf die exakte schmerztherapeutische Einstellung an“, erörtert Dr. Kulisev. „Ein großer Vorteil an der Klinik Pirawarth ist die Zeit, die wir für diese medikamentöse Abstimmung haben. Vier Wochen sind ein optimaler Zeitraum, um individuelle Einstellungen durch das ÄrztInnenteam unter laufender Laborkontrolle durchzuführen.
Mehr Gespür entwickeln
In der neurologischen Rehabilitation wird durch eine begleitende Physio- und Sporttherapie versucht, motorische Ausfälle zu kompensieren und die Muskelkraft zu steigern.
Bei ausgeprägten, sensiblen Ausfällen ist ergänzend eine Ergotherapie indiziert. Bei Störungen der Feinmotorik in den Händen ist ein Sensibilitätstraining sinnvoll. Ebenfalls zur Behebung von Sensibilitätsstörungen eignet sich das Zellenbad. Eine ähnliche Wirkungsweise haben die Mesh-Glove-Anwendungen. Via Handschuh können somatosensorische Hirnareale über die kontraläsionale Hand elektrisch stimuliert werden.
Bei Diabetes und Neuropathie ist zum Beispiel eine stabile Zuckereinstellung von Bedeutung. Eigene Diätassistentinnen im Haus nützen die Aufenthaltszeit der Gäste, um die Zusammenhänge von Krankheit und Ernährung zu veranschaulichen.
Ein Anliegen hat Dr. Kulisev noch an die zuweisenden ÄrztInnen: „Es ist wichtig, die Patienten zu motivieren, aber man sollte nicht zu viel versprechen! Wunder können auch wir nicht bewirken!“ Dennoch gibt es ein positives Fallbeispiel, an das sich Dr. Susanne Schützenberger-Sitta gerne erinnert: „Eine russische Patientin wurde vom Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien an die Klinik Pirawarth zugewiesen – mit einer speziellen Form einer Polyneuropathie und im Rollstuhl. Sie wurde gut im Akut-Spital erstversorgt und hatte Glück, da sie eine behandelbare Form hatte. Es war für uns alle bewegend, als sie am Ende in ihren Ballerinaschuhen wieder wegging.“
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das gesamte Assessment-Team an der Klinik Pirawarth ist stets offen für Fragen und Anregungen bzw. für einen Informationsaustausch. Wenn Sie ein spezielles Anliegen bezüglich Ihrer PatientInnen mit uns besprechen wollen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.